Samstag, 18. Mai 2019

St Petersburg - ganz individuell

17.5.19  St Petersburg


Heute ist der vorletzte Tag der Reise. Noch eine Nacht an Bord, dann geht es wieder nach Hause.
Wir liegen in der nur 74 km langen Newa. Sie fließt direkt aus dem Ladogasee heraus und erreicht, nachdem sie St. Petersburg durchquert hat, die Ostsee.



Ute kennt St. Petersburg ganz gut, und so haben wir beschlossen, keinen Ausflug zu buchen, sondern heute alleine unterwegs zu sein. Ute hat ihre Pläne im Kopf, ich folge brav.
Mit dem normalen Ausflugbus vom Schiff  können wir bis zur Stadtmitte mitfahren, was für uns ganz praktisch ist. Die Verbindung vom Schiffshafen nach St. Petersburg hinein ist etwas umständlich.
Die örtliche Reiseleitung macht eine nette ältere Dame, die mich sehr an meine ebenfalls sehr nette Französischlehrerin erinnert, die war genauso tüttelig. Einmal erschien sie sogar mit 2 verschiedenen Schuhen zum Unterricht.
Viele Leute im Bus sind total genervt von ihr, aber die kurze Zeit, in der ich sie erlebte, ließ mich nur schmunzeln.
Wenn ich mal wüßte, was wir da von weitem ganz schnell anschauen durften.



Irgendwo bei der Erlöserkirche steigen wir aus. Die Kirche, auch Blutkirche oder Erlöserkirche auf dem Blut genannt, ist derzeit verunstaltet durch Einrüstung. Eigentlich ist sie ein fotografisches Highlight. Sie öffnet ihre Tore erst später für Besucher, also drehen wir zunächst andere Runden.






Wir gehen am Wasser entlang, ich biege kurz in eine Seitenstrasse ab.


Natürlich lohnt sich das!
Ein Teil dieser Strasse im Schwedenviertel wurde zur Fußgängerzone umgewandelt, und eigentlich ist es schade, dass ich mir nicht die Gebäude einzeln ansehen kann. Ich vertrödele mich sehr gerne, aber natürlich darf ich die Uhr nicht aus dem Blick verlieren. Ein Blick hoch und ein Blick runter muß genügen.



Auf dem Kanal ist schon viel Betrieb.


Wir erreichen den Alexander Newski Prospekt, der 6 km langen Haupteinkaufsstraße von St. Petersburg. Sie wird gesäumt von prachtvollen Bauten, viele davon mit Säulen geschmückt. Dazwischen eingestreut liegen kleine Parks.

Das Singer- Haus an der Ecke, ein Jugendstilbau von 1904, bietet einen tollen Ausblick,  aber leider schlechten Kuchen und dazu absolut unfähige Bedienung.
Es ist integriert in St. Petersburgs größte Buchhandlung, die sich aber auch dem Trend der Zeit angepasst hat und viel Schnickschnack anbietet. Bücher gibt es aber noch.









Vom Café aus kann man die Kazaner Kathedrale in ihrer ganzen Pracht wunderbar überblicken.

















Wir haben jetzt den Newski Prospekt überquert und wollen uns die Kazaner Kathedrale anschauen.
Ich komme mir vor wie auf dem Petersplatz in Rom. Der Petersdom soll auch als bauliches Vorbild gedient haben, als sie 1801- 1811 erbaut wurde.
Es ist ziemlich voll, und bei der Ikone, die der Gottesmutter von Kazan stilistisch ähnlich sein soll, stehen die Gläubigen Schlange, um sie zu verehren. Diese Art von Ikone sollen Beschützerin der russischen Nation sein.






Nicht nur drinnen, sondern auch draußen hat der Gebäudekomplex beachtliche Maße.






Ich suche ein Postamt. Einfach ist es nicht zu finden. Eine alte Blechtür, viele Zettel an den Scheiben und der Mauer. Wer vermutet da schon eine Post?


Wir gehen jetzt auf der anderen Seite des Gribojedow- Kanals Kanals zurück zur Blutkirche.
Diese Kanal ist der mittlere der 3 Hauptkanäle, die durch die Innenstadt von St. Petersburg führen. Ute möchte im nahen Russischen Museum das berühmte Gemälde  "Die Wolgatreidler" von Ilja Repin sehen, das er 1873 fertiggestellt hat. Leider ist es gerade nach Moskau ausgeliehen.

(Von Ilja Jefimowitsch Repin - Jackson, David,
 The Russian Vision: The Art of Ilya Repin) 

Nun hat die Blutkirche geöffnet. Sie wurde nach dem Vorbild der Moskauer Basiliuskathedrale erbaut und zwar zur Erinnerung an das Attentat auf Zar Alexander II., der hier am Gribojedow- Kanal 1881 ermordet wurde.
Gebaut wurde an der Kathedrale zwischen 1883 und 1912 und ist außen und innen recht farbenprächtig.























Trotz der eindrucksvollen Wandgemälde und der prächtigen Farben halte ich es in dem Gedränge nicht lange aus.


Draußen bieten 2 Männer Tauben an, die man gegen Bezahlung festhalten und sich damit fotografieren lassen soll. "Fremdfotografieren", auch aus weiter Distanz beantworten sie mit bitterbösen Blicken, Sprüchen und Drohgebärden. Ute bekommt es zu spüren, lässt sich aber nicht einschüchtern. Gut, dass die Friedenstäubchen nur Gurrlaute verstehen. Sonst wären sie gleich in die totale Mauser gefallen.
Wir wollen nun auch weiter, da unser eigentliches Ziel, das Mariinsky Theater, noch weit entfernt ist.
Gleich nach der Kirche beginnt ein kurzer Markt mit vielen Souvenirangeboten.





Je nachdem, wann man hier vorbeikommt, wurden wieder einmal einige politische Gestalten ausgewechselt, andere  haben offenbar ewig Konjunktur.
Später gibt es eine kurze Aufregung. Ute kauft einen Teller und lässt das Handy liegen.
Nach etwa 400 Metern kommt der Schock: Mein Handy ist weg! Geklaut? Wir wurden auf dem Schiff mehrfach eindringlichst gewarnt. Alle Befürchtungen haben sich nun offenbar bewahrheitet.
Schnell zurück in den Laden! Dort hatte sie es auf der Glasvitrine abgelegt und liegen lassen.
Die ehrlichen Verkäuferinnen hatten es aber schon in Sicherheit gebracht und konnten Ute glücklich machen.
Erbauung ganz anderer Art bieten dann die vielen Kirchen. Schon wieder kreuzt eine unseren Weg. Es ist eine katholische, die mir in ihrer Schlichtheit eher evangelisch vorkommt.



Nicht viel weniger schlicht geht es in der armenischen Kirche um die Ecke zu.



In einer Armenischen Kirche findet gerade eine Taufe statt. Wir setzen uns in eine der hinteren Bankreihen und sind dabei. Das Ritual ist interessant. Offenbar sollen ein etwa 8 Jahre alter Junge und 2 junge Männer getauft werden. Sie werden begleitet von 6 männlichen und  6 weiblichen Personen.
Der Pfarrer scheint ein ernsthaftes Gespräch mit den dreien zu führen. Der Knabe reagiert sehr verlegen, die jungen Männer in ihren weißen Hemden sind schon abgeklärter.
Der Pfarrer geht dann zum Altar und hält eine ellenlange Ansprache, während die Täuflinge ebenfalls den Blick auf den Altar gerichtet haben. Die linke Hand des Pfarrers wedelt mit einer Bibel herum, während in seiner rechten ein Seidentaschentuch, verbunden mit einem metallenen Kreuz wackelt.
Danach hält er den 3 Täuflingen die Bibel an die Ohren, die Nase und den Mund. Dazu spricht er Ermahnungen.
Wie auf Kommando drehen nun alle 3 dem Altar den Rücken zu, kurz darauf erfolgt wieder die Kehrtwendung. Ich glaube, das war nicht die letzte Kehre, aber die ganze Taufe zieht sich doch sehr in die Länge, sodass wir uns leise davon schleichen. Wir bekommen gerade noch mit, dass sich die gesamte Taufgesellschaft am Taufbecken versammelt.
Im Gegensatz zu den mehr als prachtvoll ausgeschmückten russisch- orthodoxen Kirchen ist es hier sehr spartanisch. Auch gehört keinerlei  musikalische Begleitung zu dem Gottesdienst.
Später versuche ich, mich ein wenig über Taufen im armenischen Glauben schlau zu machen. Ich muss gestehen, dass ich danach auch nicht durchblicke, ob es nun wirklich eine Taufe werden sollte und wieviele Täuflinge es eigentlich waren. Interessant war es trotzdem. Die Hinwendung zum Altar bedeutet jedenfalls eine Hinwendung zum Licht Gottes, während der Blick in westliche Richtung, also zur Tür, die Richtung zum Bösen meint. Alles andere bleibt im Unklaren für mich.


Weiter geht`s. Das nächste Café wird angesteuert. Auf den Strassen gibt es so viel zu sehen, dass ich nur sagen kann: Zwei Augen und ein Tag sind viel zu wenig!






Wir haben den Feinkostladen Jelissejew erreicht. Dieser Jugendstilbau wurde um 1903 errichtet.
St. Petersburg war damals Hauptstadt des russischen Reiches, und dies einer der Gourmet-Tempel der Stadt. Wie an vielen Stellen in der Stadt, treffen wir auch hier auf junge Menschen in historischen Kostümen.
Heute bietet die Feinkosthandlung alle nur denkbaren Köstlichkeiten an. Die unzähligen Touristen, die nur hereinkommen, um sich diese wundervolle Örtlichkeit anzuschauen, machen den Laden voll.
In der Mitte des Raumes steht eine riesige echte Palme. Rund um diese Palme sind wenige kleine Tischchen gruppiert. Da muss man schon Glück haben, ein freies Plätzchen zu erwischen.
Der Tee, in der Kanne serviert, ist ausgesprochen lecker. Aber auch die kleinen, mit Kirschkompott gefüllten  Teigtaschen sind köstlich. Dazu gibt es saure Sahne.
1 kleines kaltes Törtchen mit Quark gefüllt ist auch nicht schlecht, wenngleich ich wegen der Beschreibung,  auf ein warmes pizzaartiges Teilchen eingestellt war.

Die Schokoladenauswahl ist groß, davon seien nur 2 Sorten speziell hier kreiert worden.
Ein 50 Gramm Täfelchen davon kostet ganze 10€! Es ist mit diversen Beeren belegt, Ute empfiehlt die Moosbeeren.
Mittlerweile habe ich diese Art von Schokolade auch in Deutschland entdeckt, da kostet sie etwa die Hälfte. Aber das Gebäude ist sicher unbezahlbar, und die Devisen rollen ja.






Alles was das Herz begehrt...






Ein Blick nach draußen erinnert uns daran. Wir müssen weiter!


Noch ein schnelles Gesamtfoto dieses tollen Gebäudes, und dann sind wir schon im Park auf der anderen Seite der Kreuzung. Hier beginnt der Ostrowski- Platz. Im Park dominiert ein Denkmal von 1773 für Katharina die II.
Im Angesicht von Katharina der Großen tausche ich vorsichtig meine deutsche Simkarte gegen eine russische aus, damit wir GoogleMaps benutzen können. Auf dem Schiff hat sie mir gar nichts genützt, aber hier funktioniert sie prima.


Das ganze Ensemble, vom Ostrowski Platz am Newski-Prospekt bis hin zum kreisförmigen Lomonossow- Platz wurde 1834 von einem Architekten namens Rossi fertig gestellt, als dessen Meisterwerk es gilt.  Dazu gehören auch das Alexandrinsky Theater mit seinen korinthischen Säulen, die berühmte Rossi Strasse und sehr viele andere interessante Gebäude.

Alexandrinsky Theater- eines der bekanntesten Theater Russlands
Alexandrinsky Theater
Rossi Strasse
Die Rossi- Strasse wird oft als die architektonisch perfekteste Strasse der Welt bezeichnet. Die ungeheuer präzise Symmetrie ist nicht zu übersehen. Genau 220 Meter ist sie lang und 22 Meter breit. Alle Gebäude sind 22 Meter hoch und alle Fenster 2,20 Meter!
Es gibt nicht nur Lob für dies Strasse. Es gibt Menschen, denen ist sie zu klassizistisch eintönig und damit langweilig.
In den Gebäuden auf einer Strassenseite (erbaut vor 280 Jahren!)  mit ihren unzähligen Säulen ist seit etwa 175 Jahren eine der berühmtesten Ballettschulen der Welt untergebracht. Auch die Tänzer/innen des Mariinsky Theaters werden hier seit 1836 im Klassischen Ballett unterrichtet.
Zu einem der berühmtesten Schüler zählt der Tänzer Rudolf Nurejew.
1917 unterbrach zunächst während der Russischen Revolution der Betrieb. Als Choreografie- Schule Leningrads existiert die Ausbildungsstätte dann doch weiter und erhielt 1956 ihren jetzigen Namen, Waganowa Ballettschule.
Das nächste imposante Gebäude, das mir sofort auffällt, wurde 1879 erbaut und löste wegen seines Baustils zunächst keine Begeisterungsstürme aus. Zu stark ist der Unterschied zu den umgebenden Bauten. Auf Zar Alexander III. soll es sich allerdings inspirierend ausgewirkt haben.


Zwei Architekten haben es erbaut und von Klassizismus ist hier nichts zu entdecken. Im Gegenteil. Stuck, Verzierungen, die eher aus der Holzschnitzerwerkstatt stammen könnten schmücken die Fassade.
Wohlhabende Menschen quartierten sich ein, bis sich während der Revolution vieles grundlegend änderte.
Heute soll das Gebäude überwiegend von Theatermitarbeitern bewohnt sein.




Unser Weg ist weiter als vermutet, und Ute schleppt wegen ihrer postoperativen Beschwerden noch immer eine Krücke mit sich herum. Eigentlich ist die Strecke zu lang...
Schon von zu Hause aus hatten wir uns 2 Eintrittskarten für ein Ballettaufführung am Abend gekauft. Da wollen wir natürlich pünktlich ankommen.
Vor der letzten Etappe nehmen wir eine Stärkung zu uns. Auf unserem Weg liegt ein russisches Fastfood Restaurant, das ähnlich wie Mac Donalds aufgezogen ist. Ein Burger mit Pommes schmeckt ähnlich wie zu Hause, denke ich mir jedenfalls. Ich habe jahrelang keinen mehr da gegessen...
Merkwürdigerweise gibt es in Russland noch Mac Donalds, eigentlich dachte ich, die seien mit einem Boykott belegt.



Am Eingang zur Metro kann man sich noch fix mit frischem Gemüse versorgen, an der Brücke gibt`s Obst.





Die von einem badischen Ingenieur entworfene Löwenbrücke wurde 1826 fertig gestellt. Es ist eine sogenannte Kettenbrücke und nur für Fußgänger zugelassen. Die 4 Löwenköpfe halten die Tragseile. Die Brücke überspannt mit 27 Metern den Kanal und ist 2,9 Meter breit. Immer wieder muss sie überholt werde. Leider bleibt sie von Vandalismus nicht verschont.



Endlich bei Theater angekommen!
Mein Schrittzähler zeigt jetzt 18.000 Schritte an. Das sollen etwa 13 Kilometer sein. Aber wir haben ja einen Sitzplatz auf gepolsterten Stühlen und können uns körperlich ausruhen.

Das Mariinsky Theater ist ein weltweit bekanntes Ballett- und Opernhaus. Erbaut wurde es 1860. Nach der Revolution folgten Umbenennungen. Zu allererst hieß es unter Katharina der Großen Bolschoi Theater.
Am Anfang ist noch Zeit, sich verschiedene Räumlichkeiten anzusehen und auch diverse Sitzplätze auszuprobieren.
Wir haben nicht schlecht gewählt, direkt neben der Zarenloge. Ute war hier schon einmal und konnte so die gute Auswahl treffen.
Die 2000 Plätze des Theaters sind fast alle besetzt. Auf dem Programm steht der Sommernachtstraum von Shakespeare als Ballett, und es hat uns sehr gut gefallen.


Das Mariinsky-II Theater liegt fast neben dem alten Mariinsky Theater, getrennt nur durch den Krjukow Kanal. Es wurde 2013 von Putin eröffnet und soll mit einer halben Milliarde Euro das teuerste Theater der Welt sein. Es gilt als die modernste Bühne der Welt.
Wir sind nicht im Mariinsky II !



Ein Modell in der Eingangshalle zeigt die Sitzverteilung, gesehen von der Bühne aus, mittig ist die Zarenloge.








          Wir sind drin!







Etwa um 23 Uhr fahren wir mit einem kleinen Transferbus zurück zum Schiff. Noch eine Handvoll Passagiere hatte die gleiche Idee wie wir, andere waren nebenan im Mariinsky II Theater. So konnten wir einen gemeinsamen Bus benutzen.
45 Minuten Fahrtzeit sind es immerhin noch nachts bei freien Straßen, das Schiff liegt also ganz schön weit draußen, zusammen mit anderen Flussschiffen.
In der Kabine wird es nun ungemütlich, die Koffer müssen gepackt werden, denn morgen früh geht es heimwärts.


Unser letzter Morgen auf dem Schiff ist angebrochen.


Auf dem Gelände draußen könnte man noch eine Menge Geld für Souvenirs ausgeben. Angucken reicht mir aber. Dabei kann ich nur staunen, was man so alles auf den Matrjoschkas und Kaffeebechern entdeckt.
Gleich neben Babuschkas, Heiligen und Ballett-Tänzerinnen zeigen Stalin und Lenin zwischen Zwergen und Weihnachtsmännern ihre unvergesslichen und offenbar immer noch beliebten Gesichter.








Es heißt Abschiednehmen von der Alexander Borodin, und schon bald sind wir am Flughafen.
Das Schiff geht nach unserer Abreise 10 x auf Fahrt zwischen Moskau und Petersburg, das ist die "Rennstrecke" in Russland. Erst im September macht sie die Reise zurück nach Rostov.





Der Warteraum für Leute mit Handicap ist eigentlich unzumutbar. Einziger Vorteil ist, dass einem, wenn man es erst einmal geschafft hat, dort Einlass zu finden, das Schlangestehen erspart bleibt.



Den Flughafen St. Petersburg finde ich architektonisch ganz interessant. Er hat eine Art Zeltdach, ähnlich wie in Rostov und  Moskau.
Die Organisation am Flughafen ist dürftig. Ute muß mit ihren Krücken endlos lange stehen, dabei sind es zu dem sogenannten Aufenthaltsraum für "disabled person" nur ein paar Schritte zu gehen.
Erst nach dreimaligem Nachfragen kommt ein Mann mit einem Rollstuhl angeschlichen, um sie die 3 Schritte zu fahren.
Aber den Raum hätten wir lieber nicht kennengelernt. Er ist eng und absolut nicht oder schlecht belüftet. Maximal 13 Personen passen auf die Stühle, und die sind auch hineingepfercht worden, samt zusätzlicher Rollstühle. Es wird gestöhnt, gehustet und mit den Augen gerollt wegen der Zustände.
Dort herumzusitzen ist anstrengender, nerviger und gesundheitsschädlicher als herum zu laufen.
Ganz kurz vor Abflug haben wir endlich den Transfer für Ute im Rollstuhl und mich als Begleitung durch sonst verschlossene Türen und Gänge. Die Wege sind noch immer lang, aber durch Abkürzungen und Querverbindungen erheblich kürzer als normal.

Bei der Kontrolle wird mein iPad gleich doppelt geprüft, dafür wird sich weder für Wasserflaschen noch sonstige Flüssigkeiten interessiert.
Mit 15 Minuten Verspätung starten wir in Richtung Frankfurt.

Neben mir sitzt ein korpulenter Mensch, der wohl gerne seinen Mittelplatz losgeworden wäre.
Ich bleibe aber gerne auf meinem Gangplatz kleben. Ich mag keine Mittelplätze.
Ute darf dafür aus dem Fenster auf die schöne Aussicht blicken.
Mittlerweile habe ich Hunger. Ein Müsliriegel rettet mich erstmal, bis wir um 15.30 überraschenderweise sogar warmes Essen bekommen.
Bei einem LH-Flug von nur 2 Stunden und 55 Minuten mit einem A 321 hätte ich das nicht erwartet.
Aber das Beste kommt noch: die Maschine hat uns sicher nach Frankfurt gebracht!
Der Transfer mit dem Rollstuhl zum Gate nach Hannover verlief mehr als unmöglich. Eine sehr unfreundliche Frau raste mit Ute so schnell durch die Gänge, dass ich echt Mühe hatte, zu folgen. Eine Pause am WC genehmigte sie ärgerlich, nicht ohne sofort darauf hinzuweisen, dass sie mit dem Gepäck nichts zu tun habe und keinerlei Verantwortung übernehmen würde.
Auf die Frage, warum denn bei den langen Strecken kein Transportwagen für uns alle gewählt worden sei, meinte sie spitz, dass sie ja gesehen hätte, dass Ute aus dem Flugzeug auf eigenen Füßen herausgekommen wäre, da hätte sie sich für den Rollstuhl entschieden.
3x darf geraten werden, ob diese Frau Trinkgeld bekommen hat!

unsere Reiseroute mit den Stopps 

FAZIT
Die Reise war toll. Ich kann sie nur jedem empfehlen. Auch mit der Alexander Borodin war ich sehr zufrieden, zumal die Kabine mir für ein Flußschiff relativ groß erschien. Das Essen war sehr gut.
Die 5000 km lange Tour war kein bisschen langweilig. 
In den Städten sieht man Prachtbauten und wunderschöne uralte Holzhäuschen, mal in gutem Zustand, mal halb zerfallen.
Geld für notwendige Renovierungen scheinen viele Menschen nicht zu haben. Unzählige hingegen haben das Geld, sich eine große eingezäunte Datscha an das Wolgaufer zu stellen. 
Die Verteilung von Arm und Reich ist wie überall auf der Welt pyramidenförmig verteilt. Besonders auf dem Land sieht man viele ärmlich wirkenden Menschen, die im Gegensatz zur Stadt immerhin vielleicht wenigstens ein kleines Stückchen Erde besitzen, in der sie sich für den Eigenbedarf etwas anpflanzen können.
Für meine Internetkarte habe ich 50€ bezahlt. Es lohnt sich aber meiner Meinung nach nicht, am Flughafen eine SimKarte zu kaufen, da das Internet damit noch schlechter ist als das, was man auf dem Schiff kaufen kann. 
Zahlen:
Luftlinie sind es von Rostov am Don bis St. Petersburg rund 1800 km. Mit dem Schiff sind es erheblich mehr. Ausserdem sind wir auch noch von Wolgograd bis Astrachan hin und zurück gefahren, das alleine sind schon 1000 km.
Von der Wolgaquelle bis zur Mündung ins Schwarze Meer bei Astrachan sind es 3283 km.

Wir haben rund 5000km mit dem Schiff zurückgelegt!